© Spurensucher - 20. Mai 2018

Alde Berg

Die Motte Alde Berg in Dalheim bei Arsbeck


Der Alde Berg und die gesprengte Villa

 

Motten in Deutschland beflügeln unsere Phantasie. Besonders, diejenigen, die auf Flügel verzichten können. Sie sind nicht weniger spannend als die Mounds in den USA und anderswo, nur eben weitaus weniger prominent. Die Motte Alde Berg in Dalheim-Rödgen bei Arsbeck ist so ein Beispiel, liegt praktisch vor unserer Haustüre. Hierzulande spricht man von mittelalterlichen Flucht-, Wehr- oder Turmhügelburgen und kommen in meiner Gegend am Niederrhein nicht unbedingt selten vor. Man bezieht die Entstehung dieser seltsamen künstlichen Anhöhen auf das Mittelalter (9.-12. Jhrd.) und nicht selten werden hier Reste von Wohngebäuden oder Nebengehöften auf dem umliegenden Gelände vermutet. Der Alde Berg gilt als eine der besterhaltentsten Motten am gesamten Niederrhein.

 

 

War er wirklich der Bauhher? Der Ritter vom Aldeberg

 

Bei der Motte Aldeberg geht man gar von einer Burganlage aus dem 12. Jahrhundert aus, die ein kirchenfreundlicher Ritter namens "Arnoldus miles de Orsbeke", der sich bei der Schlacht von Worringen verdient gemacht hat, für sich bauen durfte. Er nutzte eine in die umliegende Moorlandschaft ragende Landzunge und "modellierte" daraus den noch heute sichtbaren Turmhügel mit 50 x 50 m großer Vorburg und umgebenden Wällen sowie Trockengräben (stets über Flutungsniveau). Mit der Modellierung der heute noch sichtbaren Wälle und Gräben dürfte der Ritter damals wohl einiges zu tun gehabt haben. Es gibt wiederum andere Aufzeichnungen, dass es sich hier nur um Vermutungen handelt und man keinesfalls zweifelsfrei darlegen kann, ob der Hügel wirklich aus dem 12. Jahrhundert stammt.

Motten werden per Definition künstlich aufgeschüttet. Auch große Bestigungen wie die Burg Wassenberg oder Heinsberg befinden sich auf solch' künstlichen Anhöhen.

 

Wälle um Alde_Berg

Wallanlagen und Gräben rund um die Motte

 

 

Die Marotten der Mottenwesen

 

In der Umgebung der Motte bei Dalheim sollen lt. Mythenüberlieferung zwergähnliche Wesen, die man "Feuermännchen" nannte, ihr Unwesen treiben. Genaugenommen sollen sie sogar direkt im Alde Berg "gewohnt" haben (oder es immer noch tun).

Auch spricht man dort von Werwolfsichtungen, was mich im Prinzip schon aus anderen Gründen interessiert, bisher darüber aber noch keine ordentlichen Quellen finden konnte. Einer dieser Sorte galt als "lauffauler" Werwolf, der sich auf die Rücken einsamer Wanderer fallen ließ, um sich von ihnen ein Stück des Wegs mitnehmen zu lassen. Wer kommt auf so etwas, ohne sich freiwillig lächerlich zu machen. Vielleicht ist gerade vor dem Hintergrund dieser skurrilen Erzählung etwas dran. Auch die andernorts oft erwähnte "Weiße Frau" sei dort gesehen worden.

 

Blick vom Plateau der Motte nach unten ins Umland

 

Blick_hinab_Alde_Berg

 

Blick von unten nach oben

 

Alde_Berg3

 

 

Von großen Erdbewegungen zur Motte

 

Treppenaufgang Alde Berg

Offizieller Aufstieg zur Motte

 

Die Motte Alde Berg ist 12 Meter hoch mit einem Plateau von etwa 20 Metern Durchmesser. Alleine für den Hügel wurden rund 30.000 Kubikmeter Erde benötigt. Die umliegenden Wälle sowie die weiteren exponierten Punkte, von denen zahlreiche sicherlich auch künstlichen Ursprungs sind, dürften hier auch einiges an Material benötigt haben. Genau wie bei den >>Mounds in Nordamerika müssen hier enorme Erdverschiebungen stattgefunden haben. Der Basisdurchmesser beträgt alleine 60 Meter.

Archäologische Grabungen wurden aum 1900 durchgeführt, danach seltsamerweise nicht mehr. Da die ältesten Funde um den Hügel herum max. auf das 12. Jahrhundert zurückgingen – insgesamt 143 kg an Fundkeramik, wurden keine weiteren Rückdatierungen mehr vermutet. Ob's das damit schon gewesen ist? Keine Ahnung, angeblich soll es einen "abtrünnigen" Ortschronisten und Heimatforscher geben, der andere Datierungen vorgeschlagen hat. Welche, lässt sich auf Anhieb nirgendwo nachlesen …

 

 

 

 

 

Als Kraftort von der Kirche gekapert

 

Plateau Motte Alde Berg

 

Auf der Anhöhe der Motte haben die Katholiken ein Holzkreuz gesetzt, das in den 70ern des letzten Jahrhunderts eine Fachwerkkapelle abgelöst haben, die bereits seit 1850 dort stand. Für mich ist es immer ein untrügliches Zeichen, wenn sich die Kirche solcher Orte "bemächtigt" und ihnen ihren (S)Tempel aufdrückt, dafür, dass es sich hier um einen Kraftort handelt. Sicherlich spielen die Energien wieder mal eine große Rolle, für die es in der Vergangenheit auch zahlreiche mythologische Hinweise gibt. Alleine die Überlieferungen aus dem Volksmund, dass man dem Alde Berg deswegen heilende Kräfte zusprach, weil man dort über das Verknoten von Zweigen seine Krankheiten an den Berg "binden" konnte, lassen mich aufhorchen. Die römisch-katholische Kirche hat nach außen hin immer solche ketzerischen Anflüge als Hexerei, Heidentum oder Häresie abgetan. Gleichwohl war sie aber auch stets an den gleichen Orten interessiert, an denen pagane Kulte ausgeübt wurden. Besiegelt wurde das Ganze dann mindestens mit dem Aufstellen eines INRI – im "Ernstfall" mit einer kompletten Kapelle oder Kirche.

 

 

Auf der Suche nach der schloßähnlichen Villa

 

Im Helpensteiner Bachtal, am Fuße des Alde Bergs, liegt eine sumpfige Landschaft, die ein wenig an die Gegend rund um Louisiana erinnert. Naja, ein klein wenig zumindest … Eine kuriose Geschichte sollte hier noch zur Sprache kommen, die möglicherweise nicht mit dem Alden Berg in Zusammenhang steht. Vielleicht aber doch – darauf mag sich jeder wieder einmal selbst seinen Reim drauf machen.

 

Verlandet_Sumpf

 

Anton_RakyInternationale_Bohrgesellschaft_AGAnton Raky, ein deutscher Konstrukteur und Unternehmer galt in der ersten Hälfte des 20. Jhd. als genialer Erfinder auf dem Gebiet der Tiefbohrtechnik. Er lieferte Bohrtürme in praktisch alle Kontinente und gründete u.a. in Erkelenz eine bedeutende Maschinenbaufirma, die „Internationale Bohrgesellschaft AG“ (I.B.G.). Sie existiert übrigens noch heute – selbstverständlicher mehrfach verkauft und in den Händen internationaler Investorten. Raky selbst starb am 22.8.1943 in Berlin.

 

Links: Raky (Wikimedia Commons; >>Link; gemeinfrei)

Rechts: Seine Bohrgesellschaft im benachbarten Erkelenz (Wikimedia Commons; >> Link; gemeinfrei)

 

In seiner Erkelenzer Zeit (Erkelenz liegt nur wenige km vom Alde Berg entfernt) bohrte er in den benachbarten Gebieten nach Kohle, Kalisalzen und Erdöl. Ich zitiere aus Wikipedia: „In Erkelenz betätigte sich Raky als großzügiger Gönner der Stadt. Schon 1898 hatte er unter großem Erstaunen für die elektrische Beleuchtung der Hauptstraßen, des Marktes und einiger Schankwirtschaften gesorgt. Er stiftete für den Neubau der höheren Knabenschule, des Pastorats, für die Gestaltung des Marktes und des Johannismarktes. Der Bahnhof Erkelenz war nicht für den

Halt von D-Zügen vorgesehen, das änderte sich aber, als Raky, der viel mit der Eisenbahn unterwegs war, regelmäßig die Notbremse zog, um hier aussteigen zu können. Seiner größeren Mobilität wegen war er im damaligen Landkreis Erkelenz der erste Automobilbesitzer. Im nahen Dalheim-Rödgen kaufte er die Rödgener Mühle und ließ gegenüber am Rödgener Mühlenweiher eine schlossähnliche Villa als Landsitz errichten, wo er Gastgeber großer Jagdgesellschaften war. Heute ist noch das ehemalige Pförtnerhaus der Villa und ein Pavillon mit einer Kuppeldecke erhalten.“

 

 

Ab hier mag man jedoch innehalten, da vor Ort keine "schlossähnliche Villa" mehr zu finden ist. Die Villa ist 1972 angeblich aus Gründen der Baufälligkeit abgerissen – genau genommen sogar gesprengt worden, seltsamerweise blieb nur noch ein wenig Bausubstanz vom Pförtnerhaus übrig, das man später wieder "aufbaute".

 

Das Pförtnerhaus wurde 1985 durch einen Brand großteils zerstört, das später wieder aufgebaut wurde. 

 

 

Gedenktafel vor dem Weiher, der im Grunde längst keiner mehr ist.

 

Gedenkplatte-Raky

 

 Raky-Villa_nah

Das alte Pförtnerhaus der Raky-Villa heute

 

Raky-Villa_heute

Es wurde vollmundig in der Presse angekündigt, den Raky- oder Burgweiher mit Wasser zu füllen. Dabei blieb es bis heute. 

 

Rakyweiher

Freddy2001, Rakyweiher, CC BY-SA 2.0

So sah der Weiher noch zu besseren Zeiten aus, bevor er verlandete.

 

 

Pavillion_Pförtnerhaus

Pavillon des Pförtnerhauses mit vielsagendem Wappen. 

 

Raky soll in seiner "schlossähnlichen Villa" nie gewohnt haben, das Ganze soll lediglich ein Liebesnest für die Tochter des benachbarten Müllers hergehalten haben. Fertiggestellt wurde sie angeblich auch nie, was mir seltsam erscheint, da ich zahlreiche alte Aufnahmen davon gesehen habe, die nicht nach Baustelle aussahen. Der davor liegende Teich ist jetzt ein mehr oder weniger austrocknender Sumpf, der mit Mühe feucht gehalten wird. Sicherlich fällt dem einen oder anderen auch ein weiterer Grund dafür ein, warum die Feuchtigkeit aus dem Gebiet immer weiter abgezogen wurde. Ich persönlich tippe mal auf die dreiste Nutzung des Grundwassers durch die Landwirtschaft oder Industrieanrainer. Im Zweifel bekommt man von den Lokalmatadoren sicherlich zur Antwort, dass die Sache dem angeblichen Klimawandel geschuldet ist. Da der Rothenbach stets zur Versorgung des Rödgener Burgweihers (später zu Raky-Weiher umgetauft) beitrug und der in der Nähe des Siemens-Prüfcenters an der Friedrich-List-Allee in Wegberg seine Quelle hat, muss ich mir über den Verbleib des Wassers eigentlich keine weiteren Gedanken machen. Die RP schrieb, dass hier eine ökologische Revitalisierung stattfinden und der Weiher 2017 mit Wasser gefüllt würde. Davon konnte ich aber bei meinem letzten Besuch vor ein paar Tagen noch nichts entdecken. 


Übriggeblieben von der Villa ist der sogenannte Eiskeller auf der anderen Seite der Straße, der architektonisch wohl aus einer völlig anderen Zeit stammen dürfte. Vor allem die Fundamente lassen auf ein weitaus älteres „Baujahr“ schließen. Auch künstliche Felsformationen im gegenüberliegenden Wald am Hang aufwärts erinnern an frühmittelalterliche oder ältere Bauwerke, die man eher mit Befestigungsanlagen als mit den Resten einer Villa (wie in einem Filmbeitrag genannt) in Zusammenhang bringt. Raky hat jedenfalls den sogenannten Eiskeller des uralten Gebäudes für sich vereinnahmt, genaugenommen dessen Keller. So blieben sein Vorräte kühl. 

 

Kühlhaus1

Der sogenannte Eiskeller der Raky-Villa. Das Gebäude dürfte uralt sein und wurde auch auf den Felsen ehemaliger Befestigungsanlagen oder Gebäuden errichtet, die mit Sicherheit noch älter sind. Raky hat angeblich auch nur den "Keller", sprich: Das Untergeschoss zur Kühlung der Lebensmittel genutzt.

 

 

Felsen hinter Kühlhaus1

 

Hangaufwärts trifft man auf große Felsen, die Spuren einer noch älteren Vergangenheit zeigen. Möglicherweise wurde diese Felsen für größere Bauwerke genutzt. Möglicherweise handelt es sich um Megalithenanlagen.

 

Felsen hinter Kühlhaus2

 

Kühlhaus3


Der Erfinder soll sich mit seinen drei Frauen, acht Kindern und zahlreichen Liebschaften übernommen haben. Noch 1920 galt er als Ehrenbürger der Stadt Erkelenz. Ich zitiere aus der Taunus-Zeitung: „Ende der 1920er Jahre besaß Raky etwa 53 Millionen Quadratmeter Erzkonzessionen, deren Ausnutzung aber risikoreiche Kapitalinvestitionen erforderte. Die kostspieligen Voruntersuchungen potenzieller Bohr-Terrains („Aufschlussarbeiten“) überforderten schließlich das Unternehmen Anton Raky Tiefbohrungen, das 1932/33 in Konkurs ging.“ Was ist aus seinen zahlreichen Patenten geworden? Die Preussag und Wintershall AG rissen sich seinen Betrieb unter den Nagel, Raky starb mit einer seiner Frauen in einer Villa in Berlin-Zehlendorf.

 

Kühlhaus2

Auf der linken Seite sieht man, dass die Fundamente des sog. "Eiskellers" weitaus älteren Ursprungs sind als das Gebäude des Eiskellers selbst.

 

 

Befestigung am Rand des Bergs neben Kühlhaus

Am Fuße des Bergs findet man einen gemauerten Befestigungswall, der nahezu verschüttet ist.

 

 

 

 

 

 

 

zur Übersicht