© Spurensucher - 18. November 2019

Selbst für Vegetarier: Mehr oder weniger appetitanregende Mineralien

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Was für mich wie ein herzhaft abgesäbeltes Stück Schwarzwälder Schinken aussieht, betrachtet die Wissenschaft als Chalzedon. Statt einem weichen Stück leicht verzehrbaren Fleisches sehen wir hier eine Gefügevariation in einer beachtlichen Mohshärte von 6,5 – 7 – und damit eben fast so hart wie Quartz.

 

Bei meinem unbedarften Streifzug durch die Minteralienwelt begegnen mir immer wieder Mineralien, die ich optisch automatisch in Verbindung mit dem nächsten Fleischerfachgeschäft bringe. So auch bei diesem sogenannter "Sarder" – einer Chalcedonvarietät … ebenfalls bekannt als Karneol.

 

Der Name Karneol stammt wahrscheinlich aus dem Lateinischen "carnis" (Fleisch), "corneus" (hornartig) oder von "cornum" (Karnelkirsche) ab. Alle drei Ausdrücke beziehen sich jeweils auf die Erscheinungsform …

 

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Hildegard von Bingen als gravierte Büste im Deutschen Edelsteinmuseum. Die weltbekannte Äbtissin und Naturheilkundlerin hat in ihrem medizinischen Werk "Physica" neben Heilpflanzen wichtige naturheilkundliche Wirkungen von Mineralien gesammelt.

 

Hildegard von Bingen schreibt: "Der Karneol stammt mehr von warmer als von kalter Luft und wird im Sand gefunden." Sie rät: "Wenn jemandem Blut aus der Nase fließt, dann erwärme Wein, leg in den erwärmten (Wein) einen Karneol und gib es jenem zu trinken, und das Blut wird aufhören auszufließen, weil die gute reine Wärme (des Steins) zusammen mit der Wärme des erwärmten Weines das unrechte Anfluten des Blutes in der Nase zum Stehen bringt: Der warme Wein hält zusammen mit der Kraft dieses Steins, das aus der Nase fließende Blut zurück und stärkt das Gehirn, das durch das Ausströmen des Blutes geschwächt wurde."

 

Man nennt ihn übrigens treffenderweise auch Blutstein. Wieder einmal soll explizit die Römerzeit der Auslöser dafür gewesen sein, diesen "Heilstein" und dessen Wirkung für sich zu entdecken. Ob die diversen energetischen Einflüsse für jeden positiv zutreffen, muss man natürlich ausprobieren. Ich selbst habe den Versuch noch nicht unternommen.

 

Wie immer liefern die Wissenschaftler für alles eine Erklärung: Der hohe Eisenanteil soll schon mal für die Farbe verantwortlich sein. Für mich noch keine hinreichende Erklärung für das hier vorliegende – zugegebenermaßen – besonders brisante Stück mit hoher Verwechslungsgefahr. Aber wir wollen ja unsere Vorstellungskraft nicht überstrapazieren.

 

Hier typische Karneole oder Blutsteine; wirken optisch wie versteinerte Blutstropfen …

 

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Rhodochrosit – Erinnerungen an eine Pfeffersalami

Ein weiterer Bereich der Mineralien-Fleischerfachabteilung sind die gebänderten Rhodochrositen, die zweifellos an eine Salamirolle erinnern. Diese Mineralien können auch zu Edelsteinen verarbeitet werden, so dass sie die charakterische "Salamiform" nicht mehr aufweisen. Rhodochrosite aus Südafrika oder Argentinien müssen auch schon mal verarbeitungstechnisch für kunstvolle Schalen, Schmuckeier oder Kugeln herhalten. Wikipedia erklärt: "Die klassische Bänderung entsteht ähnlich wie bei Kalk-Tropfsteinen durch Wassereinfluss und die damit verbundene schichtweise Ablagerung des im Wasser gelösten Minerals. Die schwankende Mineralienkonzentration des Wassers bildet unterschiedliche Ablagerungsschichten und dadurch die charakteristische Musterung." Reicht uns das als Erklärung? Sofern sich der Versuch künstlich wiederholen lässt, lasse ich mich gerne überzeugen. Ob es solche Reproduktionsprozesse gibt, ist mir jedenfalls nicht bekannt …

 

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Darf es etwas mehr sein? Dieses Mineral lässt sich auch scheibchenweise "zubereiten" – als Aufschnitt.

 

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Reichlich Auswahl an inneren Organen

Das gleich Mineral tritt auch buchstäblich "gebündelt" in der Natur auf und erinnert dadurch an Darmschlingen von Großsäugetieren oder noch Größerem.

 

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Dieses Form ist sicherlich nicht die gängigste, aber dieses Cinnabarit-Fundstück aus Spanien (hierzulande auch Zinnober genannt) sieht nun einmal so aus. Es ist mit einer Mohshärte von lediglich 2-2,5 relativ weich und lässt sich auch mit einem Fingernagel bearbeiten. Mich persönlich erinnert dieses Exemplar zumindest auch an ein versteinertes inneres Organ, eventuell an ein Herz? Das Mineral zählt offiziell an Sulfide und Sulfosalze.

 

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So könnte es aussehen, wenn Innereien erst zum Kochen gebracht werden und anschließend versteinern. Der Hämatit ebenfalls Blutstein genannt, genauso wie Eisenglanz, Specularit, Roteisenstein und Roteisenerz. Für ihn sollen die gleichen heilsamen Regeln der Hildegard von Bingen gelten.

 

Hämatit_Spurensucher
Ähnlich verhält es sich gefühlsmäßig mit dem nachstehenden Mineral, dessen offizielle Bezeichnung mir leider entfallen ist.

 

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Und so kann Rubin ebenfalls aussehen, wenn er noch nicht als Schmuckstein zurecht gemacht ist und uns in dieser Form dargereicht wird. Er erinnert mich ein wenig an eine Leber. Chrom soll übrigens für den Rotstich verantwortlich sein. Auch bei diesem Mineral seien die Heilwirkungen laut zahlreicher Quellen erstaunlich.

 

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Bei sämtlichen Beispielen ist mir natürlich klar, dass sie auch in anderer Form vorkommen können. Ich bin nicht unbedingt ein Anhänger von Mudfossil-Theorien und leide im Grunde auch nicht unter Pareidolie. Allerdings ist die Häufung von Ähnlichkeiten mit organischen Komponenten immerhin beachtlich, wenn man sich weiter in die Welt der Mineralien vortastet. Weitere Entdecktungen mit optischen Verwandschaften zu organischen Strukturen werde ich hier weiter nachtragen.

 

Knapp vorbei ist auch daneben: Solche "Schinken"-Einlagen wie diese hier erinnern nur rudimentär an bekannte Formen organischen Materials. Dennoch beachtlich, was sich mit der Zeit so "herauskristallisiert".

 

Schinkenstraße_Spurensucher

 

 

 

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