Die Bretagne ist für seine Megalithen bereits publikums- und touristenwirksam bekannt. Weitaus unbekannter sind vergleichbare Vorkommen in der Normandie. Der Pierre au Rey ist eine vierteilige Dolmenkonstruktion an einer Aussichtsplattform nahe La Hague, südlich von Cherbourg. Die drei sehr großen Felsen (jeweils geschätzt > 10 Tonnen) sind dort zu einem Dreieck angeordnet, um einen weiteren großen Deckenfelsen bei einer Gesamthöhe der Formation von 2,60 Meter stützen. Aber auch in der näheren Umgebung erwarteten uns ein paar unerklärliche Überraschungen.
Abb.: Links außen im Bild sieht man die konkav bearbeitete Kante des übermauerten Felsens, die praktisch einem Brüstungsabschluss ähnelt. Auf welche Weise die Bearbeitung dieses Hartgesteins in geraumer Vorzeit vorgenommen sein soll, bleibt die große Frage.
(untere Abbildung - Abschnitt näher heran geholt)
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieser Megalith (erstmals 1833 von Leffilastre und Ragonde erwähnt) als historisches Denkmal anerkannt, was allerdings nochmals 1906 zu Diskussionen führte. Wissenschaftler begannen die Echtheit des Dolmens in Frage zu stellen und betrachteten die Formation eher als Granit-Chaos. Man begründete dies mit dem Fehlen von Knochen und Artefakten in der Erde, nach denen bisher ohnehin niemand gegraben hatte. Allerdings musste man diese Zufallsidee dann doch revidieren, da man sich nicht nur die Untersuchung des Bodens gespart hatte, sondern es auch versäumte, die Petroglyphen darauf näher in Augenschein oder diese als solche überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Man glaube Anfang der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts zunächst an Reste alter germanischer und skandinavischer Schriften, was allerdings final nicht bestätigt werden konnte.
Was ich nicht erkennen konnte, war ein geschlitztes Zeichen über einen Meter Länge auf der Westseite bei einem der unteren Blöcke, der dort angeblich zu finden sein soll. Ich werde mir das aber zu einem späteren Zeitpunkt nochmals genauer ansehen.
Der westliche Basisblock, der direkt dem Meer zugewandt ist, wurde klar bearbeitet und hat eine konkave Oberfläche. 2012 hat das Kulturministerium trotzdem den Dolmen, der ursprünglich als historisches Monument eingestuft wurde, aus der Liste der Klassifizierung gestrichen und ihn erneut einem natürlichen Ursprung zugeordnet.
Bereits im 19. Jahrhundert war diese Formation der Küstenwache ein Dorn im Auge, da sie dem dahinterliegenden Gebäude (dem Semaphore) den Blick versperrte und die Wächter bei Wind und Wetter dazu nötigte, auf den Dolmen zu klettern und dort auf Posten zu gehen. (S. Abbildung, >> Quelle).
In östlicher Richtung flankieren niedrigere Felsen einen Gang zum Dolmen, der heute mit Erde verschüttet ist und wo man lediglich einige Felsen entdecken kann, deren Spitze nur wenige mm aus der Erde ragen.
Auf einer Abbildung in der Mitte (2. Zeile) sieht man in einer offenen Zeichnung aus dem 19. Jhd. , wie die Felsen noch von Erde unbedeckt aus östlicher Richtung auf den Dolmen zulaufen.
Unabhängig von dieser aus meiner Sicht eklatanten Fehldeutung seitens der Regierung ist diese Megalith-Baugruppe ein Meisterwerk der Balance, das allen Herausforderungen der Schwerelosigkeit trotzt (>> s. Balanced Stone-Beitrag). Nicht umsonst nennt man diesen Dolmen offenbar im Volksmund auch das "Stativ". Die exponierte Lage mit Blick von 90 Metern Höhe auf das Meer sowie weitere Menhire in der Umgebung auf exponierten Gipfelpunkten lassen mit daran zweifeln, dass es sich hier um ein Granit-Chaos "des Banalen" handelt.
Man muss schon genauer hinsehen, um das Kopfprofil des unbekannten Models auf dem Pierre au Rey ausfindig zu machen. Das ist mir wenigstens in diesem Sommer (2018) gelungen. Ein guter Grund, Megalithenplätzen mitunter erneut einen Besuch abzustatten, da sich immer wieder neue Überraschungen einstellen können.
Der obere Hauptblock trägt in östlicher Richtung ein menschliches Profil von rd. 46 cm Höhe, was ich ebenfalls ohne vorherige Kenntnis dieser Deutung auch als solche identifizieren konnte (s. Abbildung).
Seitlich des Dolmens in nördlicher Richtung finden sich auch Bearbeitungsspuren, die man mit reichlich Fantasie auch als Handabdrücke identifizieren könnte. Das Ganze ist offen für weitere Interpretationsmöglichkeiten.
Folgt man dem Küstenabschnitt auf engen Trampelpfaden weiter nördlich bis in Sichtweite der ominösen Wiederaufbereitungsanlage La Hague – immer einen Seitenschritt vom Abgrund zum Meer entfernt – nähert man sich einer hochgelegenen Felseinbuchtung mit einigen Besonderheiten: Die hochgelegene Felsen-"Bucht" (mindestens 90 Meter über dem Meeresspiegel) ist praktisch ein Miniatur-Hochmoor, denn das Wasser läuft innerhalb dieser Bucht nicht ab. Das ist insofern bemerkenswert, da das grobe Bodengestein im Prinzip das Wasser nicht zurückhalten dürfte und besonders in dieser trockenen Zeit (es hat in der Region mindestens 14 Tage nicht geregnet), längst weg sein müsste. Ich habe mir die Bodensituation jedoch nicht weiter angesehen und konnte mich über ein paar etwas trockenere Punkte in die Mitte der "Bühne" tasten.
(Abbildung: Vertikal "aufgestellte" Felsformationen auf den Nachbaranhöhen des Pierre de Aurey)
(Abbildung: Petroglyphe auf einem der "aufgestellten" Felsen der Nachbaranhöhe des Pierre de Aurey)
(Abb.: Besagte Einbuchtung auf mehr als 90 Metern Höhe über dem Meeresspiegel – auf den ersten Blick nichts besonderes, bei näherem Hinsehen fallen einige Anomalien auf)
Dort angekommen fiel mir auf, dass in der oberen Bereichen der zu beiden Seiten hoch gewölbten Rückwand geologische Unterschiede bestanden. Zur linken Wandseite erhoben sich runde Felsen eines anderen Sediments als zur rechten Seite, das mit gerade Platten und geraden Linien aufwartete. Zur Geologie in der Umgebung wird schlicht gesagt: "Im Cotentin entsprechen die Landspitzen den härteren Gesteinen (Granit, Gneis und Sandstein). Da, wo die weicheren Gesteine liegen, sind Buchten zu finden." (Zitat Wikipedia). Ich habe grundsätzlich den Eindruck, dass hier ausschließlich Hartgesteinformationen aufeinanderstoßen – und das vor allem ganz deutlich in dieser hochgelegenen Bucht. Im südlicheren Küstenverlauf sind unterschiedliche Gesteinsformationen regelrecht durchmischt und prägen eindrucksvoll die Landschaft.
Die rechte Wandhälfte der Bucht erschien mir gefühlsmäßig wie auch optisch bearbeitet zu sein. Gewiss könnte man sich jetzt fragen, ob man diesen Teil (wie auch folgerichtig den linken) nicht im Sinne eines Steinbruchs ausgehöhlt hatte, um dort Felsgestein für Haus- und Mauerbauten zu gewinnen. Immerhin könnte dieser Zweck für die nähere Umgebung ja naheliegend gewesen sein. Auf natürliche Weise schien mir diese Bucht jedenfalls nicht entstanden zu sein. Denkbar wäre der Abbau von oben gewesen, allerdings muss dieses Unterfangen eine ganze Weile zurückgelegen haben. Bei näherer Betrachtung sind mir auch Spuren aufgefallen, die nicht so recht ins historische Bild alter (wie auch moderner) Tagebaustätten zu passen scheinen.
Abb.: Einschnitte im Hartgestein in etwa 5-7 Metern Höhe. Kamen erst vor kurzem solche Technologien zum Einsatz oder bereits viel früher?
• Die Abbruchwand erschien mir an Stellen der rechten Seite sehr gerade und eben zu sein, was grundsätzlich an Tagebauaktivitäten erinnert
• Ich entdeckte gradlinige Bearbeitungsspuren im Hartgestein, die im Grunde nur durch hochtechnisches Gerät entstanden sein konnten. Die Frage ist nur, wann das geschehen sein soll und zu welchem Zweck? Granit wird – sofern in heutiger Zeit abgebaut – über Bohrlöcher und Hydraulikpressen herausgebrochen oder in eher archaischen Prozessen herausgesprengt. Was sollen also dor gradlinige Schnitte verloren haben? Selbst heute ist mir kein Steinbruch bekannt, wo Steinplatten direkt aus dem Fels herausgeschnitten werden.
• Aus der Sicht von oben in die Bucht entdeckte ich symmetrisch bzw. linear wirkende Einkerbungen im Hartgesteinfels, was ebenfalls auf technische Bearbeitung hindeuten könnte – wiederum aber ebenfalls nicht in das Bild üblicher Steinbruchbetriebe passt.
Abb: Nebeneinanderliegende "Logen" in der hochgelegenen Bucht vermitteln den Eindruck, (zumindest auf der rechten Seite) giebelartig "ausgeschnitten" oder später angelegt worden zu sein. Foto des "Giebels" von oben.
Es würde sich sicherlich lohnen, Bodenproben oder eine nähere Untersuchung der "Werkzeugspuren" in den immerhin etwa 5-7 Meter hohen Gesteinsschichten der Bucht vorzunehmen. Eine bergbauliche Bearbeitung durch modernes "schweres" Gerät in dieser Höhenlage erscheint mir völlig ausgeschlossen zu sein. Dazu würde es an entsprechenden Zugängen fehlen. Die Stelle ist nur sehr schwer zu erreichen. Des weiteren ist es schwer vorstellbar, dass sich einzelne Bürger die Mühe machen, sich mit Diamantschneidwerkzeug dorthin auf den Weg zu machen, um sich dort ihre Küchenarbeitsplatte zu sichern.
Weitere Spuren von Schneidwerkzeug in umliegende Felsen sind auch noch an anderen Felsen der Umgebung sichtbar.